Hielten sich die Bewohner von Haithabu einst Katzen?
Reise in den Norden
Die frühesten Nachweise für domestizierte Hauskatzen stammen aus Ägypten und datieren in das 4. Jt. v. Chr. Von dort verbreitete sich die vermutlich von der afrikanischen Falbkatze abstammende Hauskatze nach Griechenland und Italien und schließlich ins nördliche Mitteleuropa.
Erst Jahrtausende später lassen sich Hauskatzen vereinzelt in Norddeutschland und Skandinavien nachweisen. Heimisch werden die Samtpfoten in Nordeuropa erst im 5./6. Jh. n. Chr. Anders als oftmals angenommen wird, stammen die Katzen der skandinavischen Wikingerzeit nicht von den europäischen, sondern von den afrikanischen Wildkatzen ab. Sie ähnelten daher auch nicht den heutigen „Norwegischen Waldkatzen“, sondern mit ihrer getigerten Fellzeichnung am ehesten zierlichen Exemplaren der heutigen Rasse „Europäisch Kurzhaar“.
Katzen in Alltag und Mythologie der Wikingerzeit
Katzen hatten in der Wikingerzeit verschiedene Funktionen. Sie waren sicherlich nützliche Haustiere, die man zur Bekämpfung von Schädlingen wie Ratten und Mäusen hielt. Schnitt- und Ritzspuren an Katzenknochen lassen zudem darauf schließen, dass ihr Fell auch für Kleidung verwendet wurde. Katzenähnliche Figuren treten auch in der Kunst der Wikingerzeit auf. So ist eine Katze auf der Rückwand eines hölzernen Wagens aus dem berühmten Schiffsgrab von Oseberg dargestellt. In Birka wurde eine kleine Bernsteinfigur gefunden, die vermutlich eine sitzende Katze darstellt. Die genaue Funktion dieser Figur ist nicht geklärt, möglicherweise handelt es sich dabei um ein Kinderspielzeug. Ein Großteil der Katzenfunde der Wikingerzeit stammt aus reich ausgestatteten Gräbern. Hier wurden die Tiere den verstorbenen Menschen – Männer, Frauen und Kindern – als Grabbeigabe oder Begleiter ins Jenseits beigelegt. Dies zeigt, dass vermutlich auch die Wikinger vom Wesen der Katzen – ihrer Unabhängigkeit, ihren Fähigkeiten als Jäger, vielleicht aber auch von ihrer Eleganz und Anschmiegsamkeit – fasziniert waren.
In der altnordischen Mythologie werden Katzen oft mit Dämonen in Verbindung gebracht. Diese Vorstellung hält sich bis heute als Aberglaube, in dem schwarze Katzen als Unglücksboten betrachtet werden. Daneben gibt es in der altnordischen Mythologie auch das Bild von der Liebes- und Fruchtbarkeitsgöttin Freyja, deren Wagen von zwei Katzen gezogen wird. Diese Vorstellung ist allerdings von antiken Traditionen beeinflusst und stammt nicht aus der Wikingerzeit.
Katzen in Haithabu
Im Siedlungsbereich und im Hafen von Haithabu wurden bei den Ausgrabungen etwa 1.500 Katzenknochen geborgen. Rund zwei Drittel der etwa 150 nachweisbaren Tiere war zum Zeitpunkt ihres Todes ausgewachsen. Das Gebiss dieser Tiere deutet darauf hin, dass sich die Katzen von Kleinnagern ernährten. Sie lebten also vermutlich halbwild zwischen den Menschen. In späteren mittelalterlichen Städten wie Schleswig veränderte sich das Gebiss, da die Katzen mit Küchenabfällen gefüttert wurden, ein deutlicher Hinweis auf eine Annäherung an den Menschen. Einige der gefundenen Katzenknochen in Haithabu weisen Schnitt- und Ritzspuren auf, die darauf hindeuten, dass den Tieren das Fell abgezogen wurde. Das Winterfell junger Katzen wurde als Pelzbesatz und als Futter für warme Kleidung verwendet. Zusätzlich diente das Katzenfell vermutlich als Handelsware. Verzehrt wurden die Tiere allerdings nur in Notzeiten.