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  • Reinhard Erichsen arbeitet an der Erneuerung der Bohlenwege.
  • Reinhard Erichsen arbeitet an der Erneuerung der Bohlenwege.
  • Reinhard Erichsen in der Werkstatt des Holzhandwerkers

Haithabu im Winter

Im Sommerhalbjahr herrscht in Haithabu Trubel. Insbesondere der rekonstruierte Siedlungsabschnitt inmitten des UNESCO-Welterbes zieht jedes Jahr viele Besucher an. Das Winterhalbjahr nutzt Museumsleiterin Ute Drews mit ihrem Team für Reparaturen - und um die Anlage weiterzuentwickeln. Eine Arbeit auf der Grundlage archäologischer Forschung, immer verbunden mit der Frage: Wie mögen die Menschen dort einst ganz genau gelebt haben...

Die Dächer aus Reet, die Wände mit Lehm verputzt, viel Holz ist verbaut. Die Häuser fügen sich im Schutze des Halbkreiswalles perfekt in die Landschaft am Haddebyer Noor ein. Mehr als 15 Jahre ist es her, seit sie auf Grundlage archäologische Funde errichtet wurden (mehr…). Aufgehört hat die Arbeit an ihnen und um sie herum seitdem nie. Aktuell erneuern die Museumsmitarbeiter Kai Zausch und Reinhard Erichsen die Bohlenwege, die zwischen den Gebäuden verlaufen. „Reparaturen wie diese gehören zum Pflichtprogramm im Winter“, sagt Museumsleiterin Ute Drews. „Die kontinuierliche Weiterentwicklung der Wikinger Häuser Haithabu ist die Kür.“

Und wie baut bzw. erneuert man Bohlenwege in einer nach archäologischen Baubefunden rekonstruierten Siedlung? Möglichst so, wie es die Menschen auch vor 1000 Jahren in Haithabu gemacht haben. Zausch und Erichsen orientieren sich an wissenschaftlichen Publikationen, tauschen sich mit Kollegen aus, die zu diesem Thema forschen.

„Die Wurzeln des Handwerks liegen in der Wikingerzeit“, sagt Zausch. Und er und sein Kollege beherrschen es. Das fängt schon mit der Wahl des Holzes an. Sie benötigen für die Bohlenwege dicke Eichenstämme. Gerade gewachsen müssen sie sein, nicht drehwüchsig. Zausch und Erichsen zerlegen sie mittels radialer Spalttechnik. Das bedeutet, dass sie die Stämme im Grunde in tortenstückähnliche Segmente zerlegen, um das Holz dann mit Axt, Dechsel und Beil weiter zu bearbeiten.

Kai Zausch stellt mit einer Kollegin szenisch dar, wie in Haithabu einst die Arbeit des Bootsbauers ausgesehen hat.

Bei all ihrem Tun verlieren die beiden nicht aus dem Blick, dass das historische Areal für Besucher gut zugängig sein muss. Auch sonst haben die Gäste indirekt Anteil an der Winterarbeit. „Wir führen in den Sommermonaten zahlreiche Gespräche mit unseren Besuchern, beantworten viele Fragen und entwickeln dabei auch selbst immer wieder einen neuen Blick auf alles“, sagt Zausch. Es ist die Liebe zum Detail, die für die drei zählt. Und eine stetige Annäherung an die frühmittelalterliche Siedlung, die dort einst gestanden hat.

Besonders interessieren sich die Museumsbesucher dafür, wie das Leben in den Häusern ausgesehen haben mag. „Die Erforschung des Alltagslebens ist jedoch noch nicht so weit vorangeschritten, dass man diese Frage mit absoluter Sicherheit beantworten könnte“, sagt Drews. „Wir fragen uns daher, immer auf Grundlage der aktuellen Forschung, wie das Leben ausgesehen haben könnte und entwickeln Vorschläge.“   Geschichte im Experiment - die sich kontinuierlich weiterentwickelt.

Ein Ergebnis: Reinhard Erichsen hat in der Werkstatt des Holzhandwerkers eine Flechtwand eingezogen, den Raum geteilt, ein Bett hinzugestellt. Schon länger beschäftigte ihn die Frage, ob in diesem Haus wirklich nur gearbeitet wurde. „Es ist fraglich, ob die Menschen hier im frühen Mittelalter in einem Haus gearbeitet, in einem anderen gewohnt haben – so wie wir es heute tun“, sagt Erichsen. Für ihn ist die Arbeit bei den Wikinger Häusern mehr als ein Job. Erichsen gilt als „Meister der Langbögen“. Hunderte hat er davon nach alter Tradition gebaut, Pfeile geschnitzt (mehr…). Erichsen: „Mich begeistert es, Geschichte lebendig darzustellen.“

Das Gleiche gilt für Kai Zausch. Ihn hat lange Zeit vor allem die Frage beschäftigt, wie sich die Wikinger auf der Schlei fortbewegt haben. Der gelernte Bootsbauer vertiefte sich in historische Quellen und fing an, ein Boot zu konstruieren (mehr…). Als das Museum im vergangenen Jahr aufgrund der Corona-Pandemie sein Programm ändern musste, hat er ein Vermittlungskonzept für Gruppen entwickelt, bei dem Abstandsregeln und alle anderen Vorschriften eingehalten werden konnten. Szenisch stellte er mit einer Kollegin dar, wie in Haithabu einst die Arbeit des Bootsbauers ausgesehen hat.

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